EINE TECHNOLOGIE VERÄNDERT DIE WELT
Welches Potential birgt die Blockchain-Technologie?
Blockchain ist die wohl größte technologische Erfindung der Neuzeit und damit ein elementarer Baustein der vierten „Industriellen Revolution“. Nahezu in jeder Branche kann sie für mehr Transparenz, Effektivität und Vertrauen sorgen.
Jakob Drzazga verfolgt ein ehrgeiziges Ziel. Er möchte auf dem Blockchain-Marktplatz „Brickblock“ seine erste Immobilie mittels der Kryptowährung Ethereum finanzieren und damit zeigen, dass diese Finanzierung auf Basis der Blockchain-Technologie effektiver, schneller und deutlich preiswerter als bisherige Verfahren ist. Schließlich ermöglichen solche „Digitalwährungen, Güter jeder Art über Ländergrenzen hinweg zu kaufen oder zu verkaufen“, erklärt sein Geschäftspartner Philip Paetz, der zugleich auch Chefentwickler des Marktplatzes ist. Dort arbeiten Investoren bei den Transaktionen mit virtuellen Münzen, sogenannten Token. Beteiligten sie sich an der Finanzierung einer Immobilie, werden ihre Anteile fälschungssicher und transparent gespeichert und die jeweiligen Verträge bei einem Treuhänder hinterlegt.
Blockchain auf dem Vormarsch
Immer häufiger taucht der Begriff „Blockchain“ in Zusammenhang mit unterschiedlichen Branchen auf. In der jungen Technologie, die einen sicheren Geldtransfer garantiert, werden via Smart Contracts Bedingungen und Regeln festgelegt und in ein maßgeschneidertes System eingearbeitet. Daten werden zentral gespeichert, sind unveränderbar und garantieren Konsistenz und Authentizität gegenüber den beteiligten Partnern.
„Die Genialität besteht darin, dass es keine Bank, kein zentral geführtes Unternehmen, braucht und man sein Vertrauen nicht einer einzigen Institution schenken muss... Es braucht keinen Mittelsmann“, resümiert Jamie Skella. Der Tech-Experte vergleicht die Blockchain-Technologie mit einem digitalen Notizbuch oder Kassenbuch, von dem identische Fassungen in verschlüsselter Form auf mehreren Computern weltweit abgelegt werden können. Die Vorteile sind unverkennbar, sodass 2017 Investitionen und Aktivitäten im Bereich Blockchain stark zunahmen.
Gesellschaftsvertrag 2.0
Einer, der sich mit Blockchain bestens auskennt, ist Vitalik Buterin. Der 24jährige wurde als Blogger zum Bitcoin-Millionär und konzipierte eher aus Langeweile, wie er gern betont, die Währung Ethereum: „Ich schrieb einen Bitcoin-Blog. Irgendwann bot mir jemand an, für sehr wenig Geld jeden Tag Blogposts zu schreiben: Fünf Bitcoin pro Artikel, damals war ein Bitcoin 80 Cent wert.“ Er, das Mathegenie, ist der Kopf der Krypto-Szene – und verfolgt zielstrebig eine Vision: Er möchte mit dieser Technologie einen Gesellschaftsvertrag schaffen, welcher die Welt verändert. „Ethereum läuft auf tausenden von PCs, und es basiert auf einem Gesellschaftsvertrag. Wir legen als Community Parameter fest, die wir als Gemeinschaftsverbund für gut und richtig halten. Wir alle achten darauf, dass dieser Gesellschaftsvertrag nicht gebrochen wird.“
Buterin beruft sich auf die 400 Jahre alte Idee der Hanse, ein Verbund aus Kaufleuten, die sich damals bei Schiffverlust gegenseitig absicherten. Es war eine Art erstes Versicherungssystem, um effektiv gegen eine Pleite vorzugehen. „Wir müssen verstehen, welche Herausforderungen Banken und Regierungen zu bewältigen haben, um die Welt via Blockchain effizienter, gerechter und besser zu machen“, argumentiert der gebürtige Russe.
Potential für die Welt und viele Branchen
Ob Energiewirtschaft, Tourismus, Automobilindustrie, Finanzwesen oder die Politik selbst – alle können von der Blockchain-Technologie profitieren. Sie kann beispielsweise dem weltweiten Handel einen enormen Schwung verleihen. Die englische Großbank HSBC und die niederländische Bank ING sendeten einen Kreditbrief vom Import- zum Export-Unternehmen. Was normalerweise aufgrund der Vielzahl an Dokumenten bis zu zehn Tage dauern würde, nimmt nun gerade einmal 24 Stunden in Anspruch. Die digitale Dokumenten-Abwicklung lässt sich vollständig nachvollziehen, parallel dazu werden der logistische Aufwand und die Kosten geringer.
Ferner könnte die Gesundheitsbranche mit Blockchain revolutioniert werden: So möchte das Startup „Beat“ sämtliche Patientendaten nach einem aufwendigen Verschlüsselungsverfahren verfügbar machen. Den digitalen Schlüssel besitzt einzig der Patient. „Mit Hilfe der Blockchain könnte der Austausch von Patientendaten sicher und in Echtzeit ablaufen und damit im Einzelfall Leben retten,“ ist Heike Hölzner, Professorin für Entrepreneurship an der HTW Berlin, überzeugt.
Blockchain in der Logistik
Die Blockchain-Technologie könnte auch in der Logistikbranche mit ihren Wertschöpfungsketten funktionieren. Hier greifen mehrere Teilnehmer auf eine gemeinsame Plattform zu und können dadurch Prozessabläufe effizienter und schneller gestalten. Zum Beispiel möchte der Kurier-, Express- und Paketdienst UPS mit solch einem sicheren und automatischen Datenaustausch Effizienz und Transparenz in der Lieferkette steigern. Die weltweit größte Reederei Maersk experimentiert ebenfalls schon mit Blockchain. Zum einen möchte das Unternehmen das Zusammenspiel von Spediteuren, Reedereien, Häfen und Zollbehörden verbessern; zum anderen sollen beim Containertransport Datensicherheit gewährleistet und Korruption sowie Datenmissbrauch verhindert werden.
Teufel im Detail
Die vielfältigen technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen werfen aber allerhand Fragen auf, die – vor allem von Seiten der Politik – noch nicht beantwortet worden sind.
Die Tugend, um erfolgreich zu sein, heißt: Geduld. Und das wissen auch die Betreiber von „Brickblock“ – denn ihre Zeit wird kommen.